Schon seit einiger Zeit spiele ich mit dem Gedanken, einen Beitrag zu diesem Thema zu schreiben.

Zwei aktuelle Ereignisse haben dazu geführt, dass ich es nun endlich tue:

  • Die Art der für mich zum Teil erschreckenden Kommentare, besonders in einer Gruppe von Hundetrainer/innen, unter einem Beitrag auf facebook, in dem aversive Trainingsmethoden aufgeführt, und Hundehalter/innen gebeten wurden, solche Dinge nicht kommentarlos hinzunehmen, sondern darauf aufmerksam zu machen.
  • Die Information, dass in einer Hundeschule im näheren Umkreis mit tierschutzrelevanten, gesetzlich verbotenen Schmerzreizen gearbeitet wird.

 

Im August 2014 ist die Erlaubnispflicht für Hundetrainer/innen nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 Tierschutzgesetz in Kraft getreten. Das bedeutet, dass jeder, der mit dem Unterrichten von Menschen mit Hund und/oder dem Trainieren von Hunden sein Geld verdienen möchte, seine Sachkunde nachweisen muss, und eine offizielle Erlaubnis des zuständigen Veterinäramtes benötigt, um diesen Tätigkeiten nachgehen zu dürfen.

Eine Entscheidung, die im Sinne der Hundehalter sein sollte, um bei der Vielzahl von Hundeschulen die Spreu vom Weizen trennen zu können, und vor allem unseren Hunden zugute kommen sollte, da sie am meisten unter den selbst ernannten Experten leiden, die im schlimmsten Fall mehr Schaden anrichten, als helfen.

Trotzdem ist das Thema „Gewalt im Hundetraining“ noch immer präsent.

Ich lese und höre von Vorfällen, die im Jahr 2020 eigentlich nur noch zur dunklen Vergangenheit der Geschichte des Hundetrainings gehören sollten:

Leinenaggressive Hunde werden zur Therapie wahlweise in die Weichteile gekniffen, geschubst, körperlich bedrängt, mit Wasser bespritzt oder mit Plastikkannen/-schläuchen geschlagen. Wurf-Discs, Wurfketten, Rappeldosen und Schlüssel werden schon auf Welpen geworfen, die aus Langeweile auf dem Trainingsplatz im Sand buddeln. Schleppleinen werden in Stachel- oder Würgehalsbänder gehängt, um den Rückruf zu trainieren. Das ausdrücklich verbotene Teletaktgerät wird nur in der Dämmerung verwendet, damit es nicht so leicht zu erkennen ist. Ein unerwünscht winselnder Malinois wird therapiert, indem der Trainer ihm zwei Korallenhalsbänder anzieht und jedes Halsband mit einer Schleppleine verbindet. Im „Fuß“ gehtʼs los und beim kleinsten Hundelaut reißen zwei Leute in entgegengesetzter Richtung an den Leinen. Ein Hundetrainer zieht einem aggressiven Tierschutzhund einen Maulkorb über, damit der Hund ihn nicht beißen kann, und „therapiert“ diesen Hund, indem er ihn so lange bedrängt, bis der Hund sich wehrt, um ihn dann vorn und hinten zu packen und so stark auf den Boden zu schleudern, dass der Hund vorn blutet und hinten kotet. Diese Erzählungen von Betroffenen und Zeugen gibt es zuhauf.

Psychische und physische Gewalt hat viele Gesichter.

„Eigentlich“ ist es ein gutes Zeichen, dass es solche Meldungen gibt, bedeutet es doch, dass Hundehalter wahrnehmen, dass dieses „Training“ nicht in Ordnung ist. Es bedeutet, dass diese verstörende Art der Erziehungsmaßnahmen von den Hundehaltern heute nicht mehr so selbstverständlich hingenommen und toleriert werden, wie es früher einmal war.

Es zeigt aber auch, dass es nach wie vor Trainer/innen gibt, die gewalttätige Erziehungsmaßnahmen anwenden. Oft aber leider nicht auf den ersten Blick als solche erkennbar und daher für Betroffene und Anwesende, besonders Laien, schwer zu durchschauen. Selbst wenn sich beim Hundehalter ein ungutes Bauchgefühl einstellt, und die Frage nach dem „Warum“ gestellt wird, kommen nur unbefriedigende Anworten wie z. B. „Weil der Hund wissen muss, wer der Chef ist“, „Weil man das schon immer so gemacht hat“, „Damit er es endlich versteht“. Ein Mensch, der diese Antworten gibt, hat selbst wirklich keine Ahnung. Wer nicht erklären kann, was er tut, der hat es selber nicht verstanden.

Leider gibt es noch immer viele Menschen, die in ihrer Beschränktheit nach wie vor der Meinung sind, dass Einschüchterung, Verunsicherung, Schreck- und Schmerzreize nützliche Werkzeuge im Hundetraining sind. Schließlich funktionieren sie doch.

Ja, leider, Gewalt funktioniert – aber zu welchem Preis? Oft führt sie sogar schnell zum Ziel und manchmal funktioniert sie sogar langfristig. Der eine Hund gibt (sich) früher auf als der andere und zeigt aus Angst vor Strafe das erwünschte Verhalten. Viele Hunde werden schlichtweg gebrochen, die Seele zerstört. Manche Hunde scheinen zu funktionieren, explodieren aber irgendwann, weil sie es nicht mehr ertragen können. Dann sind sie bösartig, gefährlich, landen im Tierheim oder werden eventuell sogar eingeschläfert.

Der Hund ist unser bester Freund, ein fühlendes Lebewesen, mit dem wir verständnis- und respektvoll umgehen, und mit dem wir eine vertrauensvolle Bindung aufbauen sollten. Auf dieser Basis können wir mit gewaltfreiem Hundetraining all unsere Ziele erreichen und einen entspannten Alltag mit unserem Hund leben können. Wir fördern nachhaltige Ergebnisse in Verbindung mit positiven Emotionen.

„Ein Hund, der nicht hört, ist ein Hund, dem niemand zuhört.“ Beginnen sie zuzuhören, zu beobachten, zu verstehen. Wenn sie ihren Hund besser verstehen, können sie ihm ihre Regeln freundlich so erklären, dass er sie auch versteht.

Und noch eine große Bitte zum Schluß: Wenn sie gewalttätiges Training in einer Hundeschule beobachten, oder ihr eigener Hund von einem Trainer gewalttätig oder tierschutzwidrig behandelt wird, schauen sie bitte nicht weg. Stehen sie auf und machen sie sich für ihren eigenen oder andere Hunde stark. Das ist die einzige Möglichkeit, diese Art von Training auch auf Dauer zu stoppen.

Ich kann gut verstehen, wenn ein Hundehalter in einer solchen Situation seinen Hund schnappt, die Hundeschule auf Nimmerwiedersehen verlässt, und mit den Trainingsmethoden nichts mehr zu tun haben möchte. Aber was ist mit den nächsten Haltern und ihren Hunden, die diese Hundeschule besuchen?

Daher sollten sie in solchen Fällen auf jeden Fall Anzeige erstatten. Folgende Dinge sind dabei zu beachten:

  • Auch wenn sie vielleicht erst einmal fassungslos und geschockt sind, bitte notieren sie so schnell wie möglich, was passiert ist. Schreiben sie erst einmal ungefiltert alles auf, an das sie sich erinnern können, denn erfahrungsgemäß weiß man schon am nächsten Tag nicht mehr ganz genau, was eigentlich wie gewesen ist. Damit ist übrigens nicht gemeint, dass sie ihr Erlebnis auf facebook veröffentlichen sollten.
  • Schreiben sie  genau auf, wann und wo es zu dem Vorfall kam. Notieren auch die Dauer der Einwirkung (von … bis), denn diese kann später bei einer Verhandlung wichtig sein.
  • Schreiben sie so genau wie möglich auf, was passiert ist! Wo wurde der betroffene Hund angefasst? Wie stark? Zu welchem Zeitpunkt? Welche Leine wurde verwendet? Wo genau war die Leine befestigt? Wurde geruckt oder gezogen? Wie hat der Hund reagiert? Wie sah das Verhalten des Hundes aus? Beschreiben sie alles so ausführlich wie möglich, denn auch Einzelheiten können später wichtig sein.
  • Suchen sie sich Zeugen, damit nicht Aussage gegen Aussage steht. Am besten unbeteiligte Dritte, die zufällig mit am Ort waren, und das Geschehen mit angesehen haben. Wenn es ihrem Hund nach einer eventuellen Misshandlung nicht gut geht, gehen sie sofort zum Tierarzt und lassen sie sich Verletzungen oder Ähnliches bescheinigen. Eventuell meldet sich der Tierarzt auch als Zeuge.
  • Melden sie den Vorfall nicht nur bei der Polizei, sondern auch beim zuständigen Veterinäramt. Seit Hundetrainer einer Erlaubnispflicht unterliegen, ist es möglich, dass das Veterinäramt einem Trainer die Ausübung der Hundetrainertätigkeit untersagt.
  • Gemeinsam ist man stark! In der Regel ist es ja nicht so, dass einem Trainer gewaltsame Erziehungsmethoden plötzlich erst einfallen, wenn sie zufällig bei ihm auf dem Platz stehen. Meistens hat er/sie diese Methoden bereits bei anderen Hunden angewendet. Hören sie sich um, ob sie noch weitere Betroffene finden. Wenn sie die Hundeschule wechseln, erzählen sie von ihren Erlebnissen. Dabei müssen sie nicht zwingend den Namen des Trainers auf den Tisch packen. Die meisten regionalen Hundeschulen kennen aber die umliegenden Trainer und ihre Methoden. Da sie nicht selbst betroffen sind, können sie nicht viel unternehmen. Dennoch: Oft sind ihre Erlebnisse  der neuen Hundeschule nicht unbekannt und sie können vielleicht auf diese Weise Kontakt zu anderen Hundehaltern, die Ähnliches erlebt haben, aufnehmen. Eventuell möchten sie gemeinsam etwas unternehmen.

 

Bitte seien sie sensibel, hören sie auf ihr Bauchgefühl und erheben sie ihre Stimme für den/die Hund/e!

Gewalt beginnt dort, wo Empathie und/oder Wissen aufhören. Die Hunde haben sich nicht ausgesucht, wo sie leben.

 

 

 

 

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